Keimfreie Korrespondenz

by Dennis Pohl

In Here and Now. Letters: 2008 – 2011 senden zwei der wichtigsten Literaten der Anglosphäre ihre Gedanken um die halbe Welt. Man tauscht sich auf überaus elegante Weise über Sport, Politik und das Altern aus. Doch der Briefwechsel gibt in etwa so viel über die Persönlichkeiten Paul Austers und John Maxwell Coetzees preis wie ein etwas längerer Klappentext

Man hat es mit einem sterbenden Subgenre zu tun, keine Frage. Dem Briefwechsel, zwischen dem 18. und 20. Jahrhundert zu einer tragenden Spielart des wissenschaftlichen und künstlerischen Diskurses gewachsen, geht es schlecht. Kaum ein junger Autor, von dem man erwarten dürfte, dass er diese Art der attentiven Freundschaftspflege mit einem seiner Kollegen betriebe. Und täte er es doch, wirkte es wohl wie eine Pose. Doch was sind die Alternativen? Die gesammelten Inboxes? Eine Instant-Messaging-Chronik? Irgendwie fürchterlich unromantisch.

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So oder so ähnlich dürften wohl auch Paul Auster und J.M. Coetzee, diese beiden ausgewiesen technophoben Schwergewichter des Literaturbetriebs, die Sache sehen. Ihre Korrespondenz umweht stets ein Hauch Retro-Romantik, die Haptik einer über Papier kratzenden Feder. Beide machen einen Bogen um moderne Technik. Coetzee, in dessen Werk auf mirakulöse Weise kaum Technik zu finden ist, schafft es immerhin noch bis zu einem Faxgerät, um seine Briefe aus dem australischen Adelaide zu Auster nach Brooklyn zu schicken. Auster hingegen schreibt stets von Hand, auf einer alten Schreibmaschine, und die wenigen Emails, die er erhält, druckt seine etwas technik-affinere Frau Siri Hustvedt für ihn aus. Einmal beschwert er sich in einem Brief an Coetzee gar darüber, dass in seinem Pariser Hotelzimmer keine Schreibmaschine zu finden sei. So liest sich dann auch diese Korrespondenz: wie ein Bollwerk gegen Emoticons und LoLs.

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